Step into the uncanny world of Edith Payer and contemplate the futility of boundaries and binaries. With the sensibility of an anthropologist and the methods of an archeologist, Edith collects and re-contextualizes objects and ideologies we casually adopt and discard, thereby questioning how and why we accumulate, order, and recollect. Fruits of her residencies in Europe, North Africa, and Eastern Europe, her objects and images meticulously explore to slyly expose how we construct then rely upon ideas of valuable and expendable, animal and human, living and inanimate, whimsy and nightmare. Knowledge and its attributes become false gods with feet of clay. In her boxes of found items, Payer draws upon then thwarts the propriety of museums and our modern desperation to identify, remember, and display. Anthropomorphic textile sculptures, collages, and drawings accentuate links between childhood play and adult obsessions. Images of famous celebrities in reused t-shirts or found faces in everyday items re-plot our mental maps of reality. Recycled street trash and flea market finds become animated creatures acting out scenes from our favorite cartoons, only different somehow. Dioramic installations could be the interior of a home, if the colors were changed or…. As a whole, Payer’s oeuvre asks her viewers to consider the fundamental processes of consuming and valuing in their multiple manifestations, and in those moments, how we construct our identities from the detritus of the present and past we choose – and configure – to acknowledge. (Colette Apelian, 2016)
Edith Payer baut Bühnen, um Gegenständen zu einer ungerechtfertigten Aufmerksamkeit zu verhelfen. Ungerechtfertigt, weil dem Blick ohne jedem Versuch der Überhöhung begegnet wird. Darauf gründen die Überraschung, die ihre Arbeiten auslösen, sowie die darin mitschwingende Ironie.
Die gezeigten Objekte werden von Edith Payer vor ihrem Auftritt mit Liebe imprägniert und mit einer Persönlichkeit versehen. Weil sie von der kundigen und von zärtlicher Aufopferung geleiteten Hand der Künstlerin in unser Blickfeld geschoben werden, sind wir diesen krummen, verwitterten, mickrigen Genossinnen und Genossen besonders zugeneigt. Das, was sonst als Abfall und Überschuss ungefragt vor den Vorhang tritt und damit die Bedrohlichkeit der ökologischen, ökonomischen und sozialen Dauerkrisen ins Bewusstsein bringt, hat Edith Payer für uns archiviert und Folge dessen des gefährlichen Moments der Unberechenbarkeit beraubt. Die Artefakte können nun getrost belächelt werden, ohne darüber zu erschrecken, wie einfältig diese Geste ist – denn diese Gegenstände blicken ja, wie Michael Hammerschmid meint, nur in unserer Einbildung zurück.
Was Edith Payers Arbeiten fehlt, ist das Pathos der einfachen und damit „genialen“ Geste, wie sie dem omnipotenten Künstler eigen ist, der nach Belieben alles zu einem Kunstwerk erklären kann. Vergleichbar mit der Vorgehensweise, die Vanessa Joan Müller in der Arbeit von Heinrich Dunst beobachtet, verzichtet Edith Payer darauf, einzelnen Objekten vermögens unzweifelhafter Künstlerinnen-Autorität sakralen Charakter zu verleihen. Das Kunstwerk besteht viel eher in der Sammlung der Gegenstände, deren Präsentationsweise, im neuartigen Arrangement, der Kombination mit andersartigen (mitunter selbst angefertigten) Artefakten, der Überführung in ein anderes Medium oder gar der Interpretation und Realisierung fremder künstlerischer Konzepte. Gemein ist ihren Arbeiten, dass sie fortlaufend überraschen, indem niemals zweimal dieselbe Verfahrensweise zur Anwendung gelangt. An einem Ende des Spektrums ist die Archivierung gefundener Dinge anzusiedeln.
Das andere Extrem stellen Arbeiten dar, die zur Gänze von Edith Payers Hand sind, wie ihre textilen Skulpturen, deren Grundstoffe jedoch wiederum in den meisten Fällen an irgendeinem Wegesrand von ihr aufgelesen wurden (manchmal ist das Verhältnis auch umgekehrt). Dank präzisen Handwerks in technischer Perfektion ausgeführt, sträuben sich auch Letztere erfolgreich gegen jedes Pathos. Diese Resistenz wird vermittels einer fein abgestimmten Mischung aus Ekelerregendem, Ironischem, Wunderlichem und Erschreckendem entwickelt, und ist zugleich dem prekären Status zu verdanken, den das Textile in der Kunst innehat. Der alter- und eigentümliche „Genie“-Gedanke, die männlich konnotierte Geste des Kunstschaffens als brachialer Akt, ist dem Feinen und Fragilen genauso wie handwerklichem Geschick und Fleiß (die den fruchtbaren Schoß für die Arbeit mit Textilien bereiten) spinnefeind.
Payers Oeuvre ist selbstredend zu facettenreich, um in diesem Text mehr als nur einen knappen Einblick zu gewähren. Auch – und das ist in ihrem Fall durchaus als Qualitätsmerkmal anzusehen – bieten viele ihrer Arbeiten wenig Anlass zu Verbalisierungen. Da kommt es sehr zupass, dass Payer ihre Zeichnungen selbst mit kurzen Kommentaren versieht. In Anbetracht dieser Werke ist am leichtesten in Worte zu fassen, worin die Attraktivität ihrer Arbeitsweise besteht: Ironie, keineswegs aber alberner Witz, sowie Leichtigkeit und Zugänglichkeit, die auch bei oberflächlichster Betrachtung (oder Lesung) nicht mit Einfältigkeit verwechselt werden können.
(Klaus Bock)